Montag, 7. Oktober 2013

Das ironische Leben im Richtigen

Eine Literdose Faxe! Für jeden! Philip hatte vorgesorgt. Dazu alles was die Freundschaft braucht: Einen VW Lupo, gesammelte Frauengeschichten des abgelaufenen Semesters und Simpsons-Zitate. Unterlegt von einem Kassettendeck, das die Schönheit der Erwartung beschwört. Ein Konzertbesuch.
Heute füllen Royal Republic die großen Hallen, damals, vor ein paar Jahren – und dies findet hier nicht ohne Stolz seine Erwähnung – nicht. 126 Mann sind da, aufgerundet. Das tut den Songs keinen Abbruch und, wie es sich für schwedische Poserbands mit Holzfäller-Bartwuchs gehört, der Darbietung ebenso wenig. I can see your Underwear, from down here, röhrt es. Niveau ist, was man draus macht. Die Geschichte des Rock'n'Roll handelt nicht von Selbstkontrolle. Also auf den Zug aufgesprungen, dessen lebensbejahendes Vorbeirauschen Mädchen mit weißen Stiefeln gerne mit heraufgezogenen Augenbraun quittieren.

Es ist Zeit für schlechte Witze: „Play Summer Of 69!“ ist meine lautstarke Ansage in die Ansage des Gitarristen hinein. Weil ich in der dritten von drei Reihen stehe, kommt die Botschaft an. Ein müdes Lächeln, nächster Song. Das Spiel wiederholen wir zwei noch ein paar mal, bis es schließlich heißt: Ok, this goes out to the annoying guy over there! So you can shut up! Dann akkordunterlegt: I got my first real six-string / Bought it at the five-and-dime / Played it 'till my fingers bled / Was the summer of 69. In einem Wort: Wooooowooooo! Ironie war nie ehrlicher. Und fand die hübsche Brünette mit Piratenohrringen das nicht gerade witzig?! Nein, fand sie nicht. Aber Philip lacht. Und wir beide merken – die guten Abende sind jene, an denen die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum in einem Liter Faxe verwischt.

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