Zwischen zwei osteruopäischen LKWs wache ich nach der üblichen Schafdauer auf und mein Körper schreit nach Hygiene. Die bekommt er 80 Kilometer weiter an einer Tankstelle. Die dotigen Arbeitskräfte können alle kein Wort englisch und meine wenigen Brocken französisch reichen diesmal - im Gegensatz zu den Péagestellen - nicht aus. Nach einer längeren Machtprobe wer als erstes zugibt nichts zu verstehen, gelangen die blonde Kassiererin und ich an den Punkt der Zeichensprache. Mit "Brum-Brum"-Geräuschen, der Imitation eines umschlungenen Lenkrades und der Hilfe einer weiteren Dame hinter der Theke verstehe ich endlich, dass ich zum Duschen meinen Autoschlüssel als Pfand abgeben muss. Herrje... Die Dusche hat zwar KZ-Niveau, dafür aber kein Zyklon-B sondern wirklich warmes Wasser.
Der Mittag gleitet von nun an so dahin. Wieder bin ich gedanklich in Versailles und den Fragen an den Menschen als Spezies. Ich meine, ich hatte nur geduscht. Aber dies war so selten und hatte etwas so spezielles an sich, dass ich davon euphorisiert und völlig entspannt mit konstanten 120 Sachen gen Bordeaux ziehe. Und wenn Paris noch erdrückend und wild war ist Bordeaux ein Hochpunkt urbaner Kultur. Eine homogene, saubere Häuserwelt erstreckt sich entlang eines mir unbekanntes Flusses. Kaufhäuser sind feinfüllig ins Stadtbild eingefügt, eine futoristische Stadtbahn trennt alte Marktplätze in zwei ohne den Anblick zu zerstören und Parkhäuser finden sich passenderweise immer unter der Stadt und den Strassen. Bordeaux ist schlicht; wunderschön. Ich gehe drei Stunden einkaufen. Sonnenbrille, eine Jogginghose, was zu essen und Postkarten gelangen in meinen Besitz. Danach verbringe ich über 1 Stunde in einerm 6 (!)-stöckigen Medienhaus, höre in die neue Liveplatte von Muse, scuhe nach der französischen Band KYO und stöbere - wie so häufig - herum. Und wieder, wie zuvor beim Duschen, wird alles was ich tue besonders. Das ist es nicht, aber es füllt sich so an und das ist gut so.
Hinter Bordeaux rufe ich Amélie an. Sie ist da, hat Zeit freut sich und sagt mir nochmal ihre Adresse in Toulouse durch. Keine 5 Stunden später stehe ich vor ihrer Haustür. Sofort stellen wir fest, dass es jetzt schon vier Jahre her ist, dass sie ein Jahr in Bielefeld verbracht hat. Aber trotzdem hat sich nicht viel verändert. Sie ist immernoch mit David zusammen und auch weiterhin gefühlt süße 120cm klein. Ein kurzes Update über unsere Lebenssituation später kommt David nach Hause. Von nun entwickelt der Abend seinen ganz besonderes Charme. David kann nämlich auch weder englisch oder deutsch. Amélie übersetzt schnell und engagiert und doch entwickelt sich so manche Situationskomik. Desweiteren bestellen wir Pizza, welcheich mit Karte bezahlen muss, da der Bote kein Bargeld annehmen darf (akute Ausraubgefahr). Außerdem ist die Pizza nicht wirklich groß und dennoch schweineteuer, was uns, wie oft an diesem Abend, auf den deutsch-französichen Vergleich bringt. Ob Schulsystem, Gewerkschaften und ihre Art zu streiken oder Umgang mit der eigenen Geschichte. Es fallen Sätze wie "früher haben wir Könige geköpft - heute werfen wir Postsäcke ähnlich aggressiv" (David) oder "Da, guck mal, ein Nazi. Endlich Heimatgefühle!" (ich). Es ist ein wunderschöner, harmonischer Abend. Was umso bemerkenswerter ist, wenn man bedenkt, dass ich Amélie seit 4 Jahren und David erst einmal zuvor gesehen habe. Abschließend leeren wir noch einen billigen Wein aus der Gegend und schließlich darf ich auf der Couch pennen. Glück definiert sich immer über Quantität. je heufiger es auftritt, desto mehr wird es im Empfinden abgeschwächt. Heute ist ein war ein Tag voll Harmonie, Freude, Freuden und Nachmittags schien sogar die Sonne. Heute war ein guter Tag.
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