Amélie ist natürlich vor mir wach, als ich erst gegen 11Uhr aufwache. David ist schon lange zur Arbeit und ich frühstücke Obst und O-Saft auf dem mit Sonne überschütteten Balkon. Auch wenn Amélie aufwändig kocht ist mir nicht mehr nach warten zu mute. Der Charme von gestern Abend, kommt schon auf Grund der Uhrzeit nicht zu Stande und ich will nichts übers Knie brechen. Daher mache ich schnell deutlich, dass ich weiter muss. Amélie bringt mich zur Tür, wir verabschieden uns herzlichst und verabreden uns wieder in vier Jahren zu sehen. Oder wenn sie und David heiraten, oder sie wieder in Deutschland ist. Wir mögen uns sehr – und das aufrichtig.
Das Wetter wird auf dem Weg parallel zur spanischen Grenze immer besser. Keine Wolke ist am Himmel, als ich auf Höhe von San Sebastian die Grenze überquere. Von nun an geht es nur noch gerade aus. Ich definiere in diesem Moment das Wort Road-Trip nicht neu, aber ich erfahre was es bedeutet. Ich merke nicht wie Bilbao oder andere Städte in Zentrum Spaniens an mir vorbei fliegen. Ich weiß auch nicht wirklich was ich in Madrid, mein nächstes Zwischenziel, machen will. Ich treibe dahin. Malaga im Hinterkopf. Das ändert sich, als ich an einer Tankstelle 200 Kilometer vor Madrid auf Toilette muss. Als ich wieder komme steht eine jüngere Dame mit einem Tramper-Madrid-Schild an meinem Wagen.
„?Va a Madrid?“ fragt sie oder wenigstens so was in der Art.
„Ähhh... ?Hablas Ingles?“
„Mhh... where are you from?“, wechselt sie die Sprache.
„Germany“, ich auch.
„!Puata Madre! ?!Es d'allmania?!“, platzt es aus ihr raus.
Wir stelle fest, dass sie gut deutsch spricht und daher nehme ich sie doch mit. Eigentlich hatte ich keine Lust meine drei Sätze Castellano auf 2 Stunden Fahrt gleichmäßig zu verteilen, da sie aber deutsch kann, freue ich mich über eine nette Unterhaltung und hoffe auf eine kleine Stadtführung in Madrid.
Also geht’s zu zweit weiter in den wunderschönen Sonnenuntergang. Während die Dame, dessen Namen ich vergessen habe, mir erzählt wo sie alles in Deutschland Freunde hat, schon war und wir (wieder mal!) vergleiche zwischen den Nationen ziehen, geht alles ziemlich schnell. In Madrid verfahren wir uns (trotz NAVI) mehrfach und nach ca. 60Minuten Stadtführung aus dem Wagen heraus, sind wir bei ihrer Freundin. Auf grund der Umwege ist es spät geworden und anstatt Party und einer fetten, berüchtigten, spanischen Saufgelage (Botellano), werden mir Nudeln mit Zwiebeln und Bier aus eisgekühlten 1-Liter-Flaschen serviert. Ich fühle mich wohl, auch wenn die nicht wirklich deutsche Hygiene und der Sicherheitsstandard, der vielleicht 28qm großen Dreizimmerwohnung, mich überraschend stark stört. Überhaupt; wenn ich etwas auf dieser Fahrt über mich selbst gelert habe, dann dass ich deutsch bin. Und das mehr als mir lieb ist. Ich mag meine Autobahnen eben und ohne Schlaglöcher, mein Bier in 0,5Liter-Flaschen, meine Vergangenheit unverklärt, wenn nicht sogar übertrieben unpatriotisch, mein Bad sauber (Ja, Mutter! Wirklich!) und meine Wohnung ohne lose Stromkabel. Außerdem begrüße ich es, wenn es in Städten oder Wohngebieten nach nichts riecht. Nach gaaaar nichts. Ein Traum. Aber schlimm ist der Abend deswegen noch lange nicht. Es wird gekifft, aber ich lasse die Lunte an mir vorrüber ziehen. So vertraut sind mir die beiden Freundinnen, sowie der unglaublich hässliche Mitbewohner dann doch nicht. Es wird den ganzen Abend nur spanisch gesprochen, da der Mitbewohner (mal wieder) weder englisch, noch deutsch spricht. Ich esse in Gedanken meine leckeren Nudeln, spiele mit dem WG-Hund, der vom ganzen passiv Kiffen schon richtig rote Augen hat und verarbeite die letzten Tage. Nach recht langer Zeit gehen alle ins Bett. Da ich heimlich auf eine drogenbegünstigte, spanisch-feurige Sexparty gehofft hatte bin ich etwas enttäuscht. Doch meine Couch, die einem Belingo-Sitz definitiv vor zuziehen ist, tröstet mich darüber hinweg und ich schlafe schnell ein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen