Samstag, 5. Juli 2008

Unterbrechung!

...leider müssen wir hier die Neunteilige Serie des Tagebuch eines Typ im Bandshirt mit Selbstdarstellungsdrang leider wegen fehlender Mittel und gestiegener Rohölpreise einstellen. Sie lesen stattdessen zwei alte Wiederholungen in unserem Themenabend "die Erben der 70er Jahre" .
Eine Zeit in der der Mensch, wie auch unser Autor hin und her gerissen war. Ost und West. Fedex und Pontifex. Und vorallem Optimismus und Pessimismus, was unsere polaren Quellen versuchen zu illustrien.

Die weiteren Zeitzeugen sind alle zu Guido K. übergelaufen und wenn's nicht gefällt, können sie ja zu Arten gehen.

Pamphlet eines Fachidioten

Es hat mal jemand gesagt: „Wenn man jung ist, versucht man sein Feindbild zu bekämpfen. Und in diesem Kampf wird man vor lauter Narben seinem vernarbten Feindbild immer ähnlicher. Wenn man alt ist, merkt man, dass man sein eigener Feind ist – oder auch früher“.
Das hat nicht wirklich jemand gesagt, sondern ich habe das eben gedacht, aber es klingt einfach erhabener, größer, pathetischer als es einfach nur so aufgeschrieben.
Es gibt ja diesen Churchill-Spruch, kein Herz, kein Hirn und so..., der meint das selbe. Nur wertet er die Sache anders.
Und während ich so dahin fasele bin ich der seligste Beweis für meine eigene Theorien, wie praktisch. Ich wollte nie einer dieser Typen werden, die 7/24 die ganze Welt immer durch ihre Fachspezifische Brille betrachten. Jeder Mensch wird auf die Frage, wie er die Welt retten könne anders antworten. Der Mediziner wird sagen: „mit Medikamenten und Versorgung für alle“. Der Journalist sagt: „Pressefreiheit und das ganze ideologische Zeug“. Der Prister: „Glaube“. Der Philosoph: „Denken“ Mh... . Der Politiker: „Freiheit“. Der Neoliberale: „Steuern runter“. Und ich? Ich würde wohl erstmal sagen, dass ich gegen Monokausalitäten bin. Wenn ich mich aber auf eine Sache beschränken müsste, so würde ich sicherlich irgend wen aus Kultur und Medien zitieren. Ich weiß nicht. Goethe? Stanley Kubrick? Monthy Python? Brecht? Bärbel Höhn? Kettcar? Dr. Cox? Homer Simpson? Eher als Kant... soviel ist sicher. Aber doch, würde ich als angehender Medien-irgendwas-Fuzi eben wie ein Medienwissenschaftler, wie ein Akademiker antworten. Ich bin Teil eines Systems, dass uns beibringt, dass Denken das Zusammenführen von Gedanken anderer ist (man nennt das Fußnoten), bis man dies in genug Büchern getan hat um dann verbittert vom ganzen korrekt zitieren und dem ganzen verdammt trockenen Stoff durchwälzen endlich selbst (jetzt verbitterte) sich Gedanken zu machen.
Ich bin Teil eines Mediensystems, welches nach Regeln arbeitet, die jeder akzeptiert aber keiner weiß woher sie kommen. Einem System, welches Michael Moore mehr kritisiert als Henry Kissinger. Welches mehr über über KFZ-Steuern redet als über die anhaltenden Kriege in Zentralafrika. Welches Christiansen durch Will „ersetzt“. Welches Wikipedia nicht als Quelle akzeptiert, den Focus aber schon. Welches mich dafür kritisieren würde, dass ich unreflektiert bin – hätte ich Telepräsenz.
Und doch, in zehn Jahren stehe ich auf einer Tagung und werde darüber reden wie viel Filme erreichen können (im Gegensatz zum Steinewerfen, zum Beispiel), wie wichtig es ist – wenn nötig auch mit Waffengewalt – das ökonomische Gleichgewicht in Mittelasien aufrecht zu erhalten und warum es gesamtgesellschaftlich sinnvoll und gut für alle ist den Spitzensteuersatz zu senken (plakativ?).
Ich mache mich auf die Reise all dies zu werden. Ich werde Bücher schreiben, die voll sind mit Zitaten, weniger von Homer Simpson oder Michael Moore. Mehr Zitate von Platon, Nölle-Neumann, Nietzsche und dem Typen der das Wort „Leistungsprinzip“ erfunden hat. Ich werde verbittert über die heutige, ungebildete Jugend reden, ohne zu merken, dass ich es war, der ihre Bildungssituation mit geschaffen hat. Ich werde einen Zaun um mein großes, von Bertelsmann bezahltes Haus bauen, damit meine Kinder gut schlafen. Ich werde privat versichert sein.
Und wenn ich dann von meinen Kindern gefragt werde, wie ich früher war, werde ich mit glühenden Augen berichten. Ich war ein Kämpfer. Im Untergrund. Ein investigativer Journalist, der seinen Dozenten und dem System trotzte. Als Beweis werde ich dabei auf diesem Blog verweisen und meine DVD-Sammlung mit Fight Club, Wag the Dog und den zwanzig Michael Moore-Filmen aus dem Keller holen. Oder meine Pearl Jam oder Die Ärzte Platten, die voll links sind, echt.
Fällt ihnen was auf? Ich bin wieder in meiner Welt. Der Medienwissenschaftler, der Kulturtyp, der die Welt rettet, mit nur einem Satz. Also, einmal, weil es so schön klingt. Den hab ich mir verdient. Weil es sich so gut an fühlt, ein Zitat für den Weltfrieden. Nur eins: „Auf den Alkohol – die Lösung und Ursache sämtlicher Probleme“ (Homer Simpson). Ein Witz, ein reines Gewissen, ein neuer Blogeintrag. „Gott ist Tod“ (Nietzsche).

Gegen die Gitter

„Selbstmord ist der letzte Akt der Rebellion“, hat Ulrike Meinhof in die Wand ihrer stammheimer Gefängniszelle geritzt. Das war 1976. Gut dreißig Jahre später gibt es nicht mehr viel zu rebellieren.
Gegen was denn? Die Eltern, die selbst alles versuchen um es einem recht zu machen, damit das Kind sich ja auch wohl, interessant, respektiert und geliebt fühlt. – Was dann auch unter dem relativen Opfer der Scheidung meist gelingen mag.
Gegen die Freunde, die nichts dafür können, dass sie das geringste Übel unter all den gleichsam grinsenden und ungleich denkenden Generationskollegen sind. Die einzigen unter Hunderten die kein Ché Guevara- oder Palästinenser – Shirt tragen, kein Alkoholproblem haben, Musik "hören", keine Stagnation in der oralen/phallischen Phase aufweisen und vielleicht sogar wissen was das bedeutet.
Oder gegen die Politik, die einen nicht interessiert, nichts angeht. Deutschland wird schon lange in sämtlichen Theorien und in der Praxis am Hindukusch verteidigt und nicht in der Grundschule. Weit weg, hinter den Meeren und Empfindungen sterben Menschenmaßen oder gehen anderweitig zu Grunde aus Gründen, die wir erfolgreich nicht als die unseren betrachten. Und was nicht unser Problem ist, ist auch nicht unser Fehler oder gar unser Versagen. Das war schon auf dem Schulhof so. Du warst froh, dass es nicht dein Pausenbrot war, welches dort eben hinter der Ecke gewaltsam den Besitzer gewechselt hat. Vielleicht hast du den Jungen und seine Freunde sogar angefeuert um nicht das nächste Opfer zu werden. Deutschland wird nur am Hindukusch verteidigt, nicht in der Grundschule!
War es wenigstens noch vorstellbar, dass wir bald alle „Die Internationale“ vor der ersten Stunde Sozialkunde singen, so wirkt die Vorstellung eines deutsch-islamistschen Gottesstaates doch immer wieder so befremdlich, dass es sich nicht zu lohnen schneit dagegen vor zu gehen. An welchen Fronten auch immer… .
Was soll ich da rebellieren? Ich würde eh nicht gehört werden. Wo kein Rauch ist auch kein Feuer – oder zu viel Nebel. Der jeweils akuten Betrachtungsweise angepasst.
„Selbstmord ist die letzte Rebellion“. Aber gegen was? – Gegen sich selbst. Selbstmord ist die letzte Rebellion gegen sich selbst. Als Statement gegen den martialischen, zermürbenden und erniedrigen Kosmos, den der Volksmund „Leben“ nennt. Als Statement gegen sich selbst und seine Schwächen und schwachen Stärken. Die unfähig zu sein scheinen dem entgegen zu treten. Selbstmord ist ein Eingeständnis der Schwäche. Denn am Ende hast du nur noch dich. Und du kannst nur gegen etwas rebellieren was - geistig - in deinem Besitz ist. Aber, dann hätten sie gewonnen. Die Guevara-Tücher, der RCDS, die Kissingers, Kaiser und Kiesbauers, die „Anderen“. Nein, du musst weiter. Leben, an die Gitterstäbe treten, sie biegen oder brechen. Lärm machen. Es krachen, klirren und donnern lassen. Denn Leben! ist die wahrste, die ehrlichste, produktivste und einzige Rebellion. Gegen die Gefängniszelle, die oft auf groteske Weise den selben Namen trägt, wie der Akt der Rebellion an sich.