Mittwoch, 21. Januar 2015

Eine sicherlich unvollständige Chronologie als bedeutsam erachteter Augenblicke, bei der sich einige Banausen fragen werden, welche davon wohl autobiografisch sind und der abschließende, stümperhafte Versuch einer Pointe, die versucht, die Kunstwertigkeit des Ganzen zu erwirken

Vor mir hat meine Mutter 2 Fehlgeburten.
Wegen des Zwischenfalls in Tschernobyl ist sie während der Schwangerschaft mit mir nur selten draußen.
Meine Mutter führt ein Schwangerschaftstagebuch. Mein Vater hat einen Gasteintrag. Er beginnt mit den Worten „Ich muss ja schon sagen, ich bin ziemlich neidisch, wie viel Aufmerksamkeit zu bekommst.“ Ich komme 2 Wochen zu früh als Sohn zweier Lehrer zur Welt, die sich in der politischen Arbeit kennengelernt haben und verbringe die ersten Tage meines Lebens in einem Brutkasten.
Man sagt mir, ich sei ein entspanntes Kind mit viel Freude an Essen und Bewegung.
Meine Eltern bringen mir bei, sie beim Vornamen zu nennen. Sie wollen mir damit auf Augenhöhe begegnen. 
Als ich um die 4 Jahre alt bin, sitze ich in meinem Zimmer und höre wie meine Eltern über etwas streiten. Sie streiten viel und auch die Lautstärke ihrer Auseinandersetzungen ist dabei meist sehr hoch. Diesmal jedoch, nehme ich den großen Blumentopf von meiner Fensterbank, stürme damit in den Flur und stelle ihn zwischen meinen Eltern auf einer Holzbank ab, die mein Vater selbst angefertigt hat. Das Geschrei meiner Eltern verstummt und ich erhalte von meiner Mutter ein verlegenes Lächeln, das aber nur von kurzer Dauer ist. Meine Eltern setzen ihren Streit fort. Ich gehe zurück in mein Zimmer.
Kurze Zeit später kommt mein Bruder Patrick zu uns. Er ist ein halbes Jahr alt, als meine Eltern ihn adoptieren. Seine Mutter ist Alkoholikerin und er hatte die ersten Monate seines Lebens vor allem damit verbracht, im Krankenhausbett Mozart zu hören.
Ich habe meine erste Kommunion und lege meine erste und bislang einzige Beichte ab, in der ich, wie auch in meinen Gebeten, viel über meinen Bruder rede und gelobe, ihn gut zu behandeln.
In der Grundschule gehöre ich zu den klügsten, ehrgeizigsten Kindern und immer wenn ich verliere, ob im Diktat oder beim Völkerball, fange ich an zu weinen.
Es ist die gleiche Zeit, in der meine Eltern auf unterschiedlichen Etagen leben. Morgens muss ich mich entscheiden, ob ich mit meinem Vater im Erdgeschoss oder meiner Mutter im ersten Stock frühstücke. Ich entscheide mich fast ausnahmslos für meine Mutter.
Lange Zeit sitzt meine Mutter in ihrem abgedunkelten Arbeitszimmer, hört Musik ihrer Jugend und weint. Mein Vater schickt mich oft noch oben, um sie zum Essen zu rufen. Sie erscheint nur sehr selten.
Im Sommer vor der 4. Klasse machen wir Urlaub in Spanien. Im Fernsehen laufen die olympischen Spiele in Atlanta. Nach einem Ruderlauf gehe ich hinunter zum Pool, wo mein Vater ein Nickerchen macht. Ich finde meinen Bruder kopfüber im Wasser treiben. Stumm renne ich hinunter, setze mich an den Beckenrand und versuche Patrick mit meinen Füßen aus dem Wasser zu fischen. Erst als dies misslingt rufe ich nach meinen Eltern. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergeht, zwischen meinem Versuch einer Rettung und dem Sprung meines Vaters ins Becken. Nach einem kurzen Versuch der Wiederbelebung rasen wir hinunter ins Dorf. Ich bemerke, dass meine Eltern nicht angeschnallt sind, sage aber nichts. In einer kleinen Arztpraxis wird mein Bruder wenig später für tot erklärt. Ich liege währenddessen bei Freunden auf einer Couch und umklammere ein fremdes Kuscheltier.
Ich bin kein Messdiener mehr und betrete fortan Kirchen nur noch aus Gefälligkeit für andere. Wann immer seitdem Menschen von der Liebe Gottes reden, kann ich sie nicht mehr ernst nehmen.
An Weihnachten des gleichen Jahres ist meine Mutter erneut schwanger, hat aber eine weitere Fehlgeburt, wegen derer sie die Feiertage im Krankenhaus verbringt. Mein Vater bleibt mit mir allein zuhause.
Ich darf nach einer Vorauswahl selbst entscheiden auf welche Schule ich gehe und entscheide mich für eine Gesamtschule, auf die auch meine Grundschulliebe gehen wird. Vor meinen Eltern begründe ich die Wahl mit der hervorragenden Ausstattung des Werkraums.
Als ich 11 Jahre und in der 5. Klasse bin, zieht meine Mutter mit mir aus.
Bereits zuvor hatte mein Vater mit einer Frau aus der Nachbarschaft zu Abend gegessen, die mir kurze Zeit später als seine neue Freundin vorgestellt wird. Ich verbringe in der Folgezeit jedes 2. Wochenende entweder in meinem Elternhaus mit beiden oder in ihrer Wohnung. Sie hat eine Tochter in meinem Alter. Sie knallt viele Türen und wir haben uns wenig zu sagen.
Meine Mutter deutet einige Fehltritte meines Vaters an, sagt aber sie hätte ihm versprochen, dass er mir diese Dinge erzählt. Ich vermute, er hat sie geschlagen.
Mein Verhältnis zu meiner Stiefmutter ist von Anfang an schwierig. Ich erlebe sie als kontrollsüchtig, unreflektiert und ohne jeden Humor, noch aber denke ich, dass sich unser Verhältnis daraus erklärt, dass ich ödipal meine Mutter verteidige. Ich bin ungern bei der neuen Familie meines Vaters, aber ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht mehr kommen würde.
Meine Schwester wird geboren, als ich 12 bin. Wir haben den gleichen Vater und das gleiche Kinn. Sie bekommt mein Zimmer. Ich soll anfangs auf der Couch schlafen, aber meine Mutter erstreitet mir, wie ich Jahre später erfahre, ein eigens Zimmer im Keller.
In der Schule habe ich großes Interesse, den Lehrern zu gefallen. Ich weiß viel über den Kosovokrieg und sonne mich in ihrem Erstaunen darüber. Auf Partys bin ich ein Nachzügler, ich werde immer nur dann eingeladen, wenn jemand anderes absagt.
Meine Schwester nennt ihre Eltern Mama und Papa. 
Meine Mutter verbietet mir, dass ich meine Sportklamotten übers Wochenende mit zu meinem Vater mitnehme. Mein Vater hingegen will nicht alles doppelt besitzen. Als eine Art Kompromiss fahre ich jeden 2. Freitag mit Fußballschuhen und Sporthosen aber ohne Schienbeinschoner und T-Shirts in die Schule und von dort zu meinem Vater. Einmal bin ich Samstags zum Schwimmen verabredet, habe aber meine Badehose vergessen. Bei einer hektischen Übergabe auf dem Seitenstreifen, in der wenige, fiese Worte fallen, bleibe ich im Wagen.
Im Fußballverein machen sich meine Mitspieler über meine Klamotten lustig, und darüber dass ich immer über Taktik reden will. Ein paar Mal merken sie nicht, dass ich hinter ihnen stehe und ich nehme möglichst ungesehen Abstand von der Gruppe, um zu weinen.
In der Mittelstufe habe ich 3 Beziehungen. Sie bestehen allesamt aus Händchenhalten und dauern, 2 Wochen, 2,5 Wochen sowie 3 Stunden. Ich bin neidisch auf die anderen Jungs, die 6 Monate eine Freundin haben und fühle mich einsam.
Mein Vater und meine Stiefmutter stehen mit mir vor der Schule meiner Stiefschwester, um sie abzuholen. Meiner Stiefmutter fällt auf, dass die Jugendlichen heute alle schwarz tragen. Ich bin nicht Teil der Unterhaltung. An Weihnachten bekomme ich ein schwarzes T-Shirt.
Beim 4-0 gegen den SV Brackwede erziele ich 2 Treffer selbst und bereite die weiteren 2 vor. Mein erster Treffer ist ein 22-Meter-Dropkick in den Winkel von der Strafraumecke. Selbst mein Jubel ist lässig.
Das Mobbing in der Schule und im Fußballverein wird mehr und intensiver. Ich werde dafür ausgelacht, dass ich zu lange Fingernägel und zu kurze Hosen habe. Auch meine Art zu Reden ist Ziel der Angriffe. Als ich an der Bushaltestelle ein weiteres Mal Schwuchtel genannt werde, beginne ich eine Prügelei, von der ich das Gefühl habe, sie zu gewinnen. Ein Mitarbeiter des Schnell-Imbisses trennt uns. Ich renne nach Hause und erzähle es weinend meiner Mutter, die mich sofort ins Auto lädt und zu der Familie des anderen Kindes fährt. Am Esstisch sind alle sehr einsichtig und nicken viel.
Mehrere von meiner Mutter erbetenen Schüler-Lehrer-Gespräche laufen ähnlich ab. Meine Mitschüler drehen den Spieß um und prangern meine Arroganz ihnen gegenüber an. Meine Lehrer verstehen das. Meine Mutter sagt, nicht zum ersten Mal, dass ich nur mich selbst ändern kann, nicht die anderen.
In den Osterferien sind mein Vater und ich in München. Wir bekommen Schwarzmarktkarten für Bayern gegen Real Madrid. Ich sehe Zidane.
Während der Fußballweltmeisterschaft in Japan und Korea habe ich eine Telefonat mit einer Mitschülerin. Sie sagt mir, dass die Klasse nicht mag, wie ich rede und dass sie genauso wenig mag, wenn ich mich zum Lesen oder Musik hören wegsetze. Ihr finaler Vorschlag: Setz' dich zu uns und sag nichts. Als ich meiner Mutter davon berichte, erlaubt sie mir zum einzigen Mal in meinem Leben zuhause zu bleiben. Kroatien schlägt Italien mit Hilfe eines gekauften Schiedsrichters, es gibt Nudeln und Cola und die Wohnung ist warm.
Nach einem 4-1 im entscheidenden Spiel steigen wir in die Bezirksliga auf. Ich spiele durch und werde später über dieses Spiel eine Kurzgeschichte schreiben.
Am Ende der 9. Klasse willigt mein Mutter schließlich ein und ich wechsle auf ein konservatives Gymnasium. In meiner zweiten Schulwoche geht es auf Klassenfahrt. Ich bin nicht mehr der Klügste und ein paar Mädchen haben Interesse. Nach unserer Rückkehr geht es vom Bahnhof sofort weiter. Mein Vater und meine Stiefmutter haben am Morgen geheiratet und die Feier ist im vollen Gange. Ich betrinke mich mit Ramazzotti und kotze zuhause.
Auf dem Heimweg vom Fußballtraining schreibe ich mein erstes Gedicht. Ich tippe und speichere es in mein Handy. Es reimt sich und handelt vom Tod meines Bruders.
Ich habe meine erste richtige Freundin, meinen ersten Kuss, meinen ersten Sex, meinen ersten Streit. Ich sage ihr, dass ich alles machen will, um nicht so zu streiten wie meine Eltern und fühle mich erwachsen.
Ich schreibe meine erste Kurzgeschichte. Sie handelt davon, jemanden auf dem Friedhof zu besuchen, als wäre er ein alter Bekannter.
Die 10. Klasse endet und von meinen 9 neuen Freunden wechseln 7 auf liberale Gymnasien und 2 gehen ins Ausland. Ich habe es nach meinem spontanen Schulwechsel nicht geschafft mir einen solchen zu organisieren.
Meine Freundin und ich trennen uns, kommen wieder zusammen, trennen uns und kommen wieder zusammen. Sie manipuliert mich und nutzt häufig den Vorwurf der Arroganz gegen mich. Kurz nachdem endgültig Schluss ist, knutscht sie in einer Disko vor meinen Augen mit jemanden, den sie nicht kennt. Ich gehe, setze mich auf eine Parkbank und weine.
Auf einer familiären Weihnachtsfeier zerstreiten sich mein Vater und seine 2 Brüder. In der lauten Auseinandersetzung, in die auch die Ehefrauen, meine Mutter, mein Großvater und ich mehr oder weniger verwickelt sind, holt meine Stiefmutter meine bereits schlafende Schwester Rieke an den Tisch und benutzt sie als Schutzschild. Ich identifiziere mich mit ihr. Als mein Vater mit Frau und Kind abreist, ist mein Laptop noch in seinem Wagen.
Ich habe eine neue Freundin, die sehr hübsch ist, die ich sehr mag und die mir intellektuell überlegen ist. Sie nennt mich „Kommunenkind“, ich sie „FDP-Wählerin“. Sie ist der erste Mensch,der mir ein Mixtape brennt. Ich rede mir ein, sie nur um mich zu haben, um nicht allein zu sein. Einmal sagt sie mir: „Du wirst dich nie umbringen. Du bist viel zu sozial dafür“. Sie meint das tröstend. Heute schätze ich sie deutlich mehr als damals, aber es ist zu spät. Sie ist etwas langweiliger und etwas glücklicher aus früher, was ich ihr neide, wie so vieles.
Ein Diskoabend mit 10 Leute, die Hälfte davon noch Minderjährig. Der Türsteher will nur meinen Ausweis sehen, die Gruppe merkt das, geht aber auch ohne mich hinein. Ich gehe ins Kino nebenan und schaue alleine Kill Bill 2 - der Film ist ab 18.  
Im Abi muss ich in Deutsch in die Nachprüfung. Ich bin bis heute fest davon überzeugt, dass mein Deutschlehrer mich verschaukelt hat.
Ich übernehme während meines Zivis, der völlig in die Hose geht, eine C-Jugend. Ich stehe jeden Tag auf dem Fußballplatz. In der Rückrunde schneiden wir gegen jede Mannschaft besser ab als in der Vorrunde. Mit allem was ich seitdem tue, versuche ich dieses Jahr zu wiederholen.
Mein Großvater zieht nach langem hin und her zwischen meinem Vater und seinen Brüdern um das Thema Geld, in mein Elternhaus. Wenige Monate nach seinem Einzug stirbt er. Zuvor liegt er kurz im Koma. Ich mache mich von meinem Studienort auf in die Heimat. „Opa ist gerade gestorben“, steht in der SMS meines Vaters. Zuhause heißt es später, er habe sich von allen verabschiedet.
Das Studium hat weit weniger Sex zu bieten als erhofft und ich verbringe die meisten Wochen mit schlechtem Essen vor dem Fernseher. An guten Tagen gehe ich vor einer spätnächtlichen Sportübertragung ins Fitnessstudio.
Ich verkrache mich mit einem Mitbewohner. 2 gemeinsame Freunde, darunter meine engste Vertraute im Bachelor, entscheiden sich für ihn und gegen mich. Auf einer WG-Party in meiner eigenen Wohnung schließe ich mich in meinem Zimmer ein und weine.
Im 5. Semester spiele ich Theater und habe so viel Sex wie nie. Jeden Donnerstag treffe ich eine Sexfreundin und wir gucken Heidi Klum. Sie mag es nicht, wenn und wie ich die Show analysiere, schläft anschließend aber trotzdem mit mir. Sie ist nicht mein Typ und wir haben uns wenig zu sagen. Als ich sie einmal mit einem Billigfliegerangebot in Spanien besuche, haben wir keinen Sex, weil ihr die Wände der WG zu dünn sind.
Ich schließe meinen Bachelor genauso unmotiviert-mittelmäßig wie mein Abitur ab. Zur Zeugnisvergabe bin ich schon längst nicht in der Stadt.
Das Aufnahmeverfahren zum Master dauert 3 Tage. Als ich mit Champagner mitgeteilt bekomme, aufgenommen zu sein, habe ich zum ersten und bislang einzigen Mal das Gefühl, mehr zu sein als Mittelmaß.
In der großen Stadt und im Master fühle ich mich privilegiert. Das Studium führt mich mit spannenden Menschen zusammen, bringt mich auf Festivals und ich bin so kreativ wie noch nie. Mein Blog wird immer mehr gelesen.
Ich fahre kaum noch heim.
Ich schreibe den 4-seitigen Aufmacher unserer Studentenzeitung und bin sehr stolz auf ihn.
Ich habe meinen ersten klassischen One-Night-Stand. In der Billardkneipe steht sie eigentlich auf meinen guten Freund Patrick, der aber frisch verliebt ist. Auf dem Weg zur U-Bahn sage ich ihr: „Du könntest aber mit zu mir kommen“. Am nächsten Morgen geht sie ohne Frühstück oder dass wir uns unsere Namen gesagt haben.
Mein SZ-Praktikum geht völlig in die Hose, weil ich mich in den mit äußerst viel Ellenbogen geführten Redaktionskonferenzen nicht traue zu reden, in meinem Einzelbüro isoliert bin und kein Redakteur Zeit oder Interesse an mir hat. Weil während des Praktikums Harald Schmidt zu Sky geht, sowie Markus Lanz als Gottschalk-Nachfolger gehandelt wird, fallen 4 (!) meiner Texte eine Stunde vor Redaktionsschluss durchs Sieb. Nach den 3 Monaten habe ich keine einzige Veröffentlichung. Der Gedanke, schlicht nicht für die Arbeitswelt gemacht zu sein, keimt.
Ich schleppe mich durch meine mündliche Abschlussprüfung. Das Lernen fiel dem Münchner Filmfest zum Opfer. Bei der Zeugnisvergabe gibt es Sekt und Erdbeeren.
Nach dem Studium finde ich nach oberflächlicher Suche keinen Job. Ein Praktikum in der Werbeagentur geht völlig in die Hose. Ich bin fremd und allein. Mein Chef ist ein Arschloch und meine Kollegen Huren. Auf einer Postkarte steht „Wer lacht, hat noch Reserven.“ Meine Psychotherapeutin – meinen Kollegen sage ich, ich besuche in der Mittagspause die Physiotherapie – verschreibt mir zunächst ein pflanzliches und später ein chemisches Antidepressivum. Ich kündige, gehe mit den ersten 75 Seiten meines Romans und komme für Wochen nicht aus dem Bett. In mein Notizbuch schreibe ich „Selbstmord hat wenig mit Hilflosigkeit zu tun. Es ist die letzte Möglichkeit, die Kontrolle zu behalten.“
Ich habe meine erste Freundin seit 6 Jahren. Unsere Kennenlerngeschichte ist grandios, reicht aber nur für ein Jahr. Sie handelt davon, dass ich bis in mein Hotelzimmer bekomme, sie dort küssen will, sie mich aber nicht. Dann bringe ich sie Heim und das findet sie schließlich gut. Ein halbes Jahr später laufen wir bis 6 Uhr morgens durch Parks und sitzen rauchend auf Mülltonnen. Sie ist sehr gut zu mir und das halte ich letztlich nicht aus.
Ich übernehme ein paar freiberufliche, mies bezahlte Arbeiten verschiedener Art. Mein Vater stellt die Zahlungen an mich ein, meine Mutter nicht. Wenn ich gefragt werde, was ich berufliche mache, mache ich mit „hast du ein Flipchart dabei“ den immer gleichen Witz. Manchmal variiere ich ihn zu „hast du 30 Minuten“.
Mit Standardschreiben lehnen Literaturagenturen mein Manuskript ab und mich verlässt schnell der Mut und der Optimismus, dass ich meinen Roman einmal beenden werde. Das ist mir unangenehmer als die Ablehnungen selbst. Wodurch sich alle anderen Arbeiten mieser anfühlen, denn ich weiß nicht mehr wofür ich sie mache.
Meine Schwester wird immer trauriger und hört auf zu essen. Ich schreibe ihr einen Brief und beschließe Weihnachten nicht mehr zuhause zu feiern.
Und ich werde das Gefühl nicht los, will ich endlich einmal etwas von Bedeutung machen oder schreiben, muss ich erst einmal das alles hier zu den Akten legen.