Dienstag, 5. Januar 2010

Tag 5

Madrid ist eine wunderschöner Bastard, der mich schräg anlächelt, nachdem ich hektisch rhetorische „Kaffee-oder-Tee-oder-gleich-ein-ganzes-Frühstück“-Fragen angelehnt habe (siehe Tag 4) und zum Auto gesprintet bin. Es ist noch keine 7Uhr und ich suche eine Tankstelle, die Morgenröte im Gesicht. Das Tanken ist ein erneutes Abenteuer. In Spanien oder zumindest im Stadtkern Madrids tankt man nämlich erst, nachdem man sich beim Tankwart mit der angefahrenen Zapfsäule, sowie der gewünschten Bezahlungsart angemeldet hat. Erst nach dieser Prozedur, wird dir die Zapfsäule freigeschaltet. Bis mir diese Ehre zu Teil wird, muss ich allerdings noch einige genervte Weltstadtbürger hinter mir auf Englisch beruhigen. Schließlich entschließe ich mich an den Rand zu fahren und von der gegenüberliegenden Straßenseite Anschauung-Unterricht zu nehmen. Nach einer halben Stunde geht es mit vollem Tank zurück auf die Autobahn („am nächsten fünfspurigen Wendekreis, bitte die sechste Ausfahrt nehmen“).

Ich steuere die nächste, etwas besser aussehende Raststätte an und genehmige mir ein ordentliches Frühstück. Bei Orangensaft und Sandwich ziehe ich die Schuhe aus und halte mein Gesicht in die immer noch von morgendlicher Frische durchzogene Frühlingsluft. Ich hatte getankt (an einer Zapfsäule, die ich nur angefahren hatte, weil ich wusste, was diese spezielle Nummer auf spanisch heißt), hatte bei mir unbekannten Menschen die Nacht verbracht und mein Geburtsort war mittlerweile weiter entfernt als der Ort, wo dieser Film „Casablanca“ spielt. (ein MeWi-Witz, höhö.) Kurz hinter Madrid empfand ich mich als Weltbürger. Es reifte in mir die Idee, auf die Frage nach meiner Herkunft mich als „mehr Europäer und weniger Deutscher“ vorzustellen. Ich habe diesen Gedanken nie ganz verloren.

Es ist Zeit für ein neues Ziel. Ich rufe Yannick an und sage ihm wann ich laut Navi da bin. Meine Ankunft ist weder angekündigt noch ein großes Problem. Im Gegenteil; Freude ist da. Wir Männer sind schon schön einfach.

Ästhetisch teilt Madrid das Land in zwei völlig verschiedene Hälften. Auf dem Weg in Richtung Meerenge von Gibraltar entwickelt das steinige Flachland eine rustikale Schönheit, wie man sie sonst vielleicht nur auf Sardinien findet. Grasbüschel sprenkeln eine rot glühende Felswüste, während der Horizont nicht weiß welchen Blauton er dazu anziehen soll. Plötzlich sprechen die Straßenschilder arabisch und die Serpentinen werden proportional zu der Steile der Abhängen an denen sie vorbei führen (sollen), immer enger. Das ganze Land liegt in der Hitze, einen letzten, notwendigen und daher elementar lebendigen Schritt vor der Dürre.

Als ich – im Arminia-Trikot – bei etwas mehr als 30 Grad in Malaga aussteige ist das Bier schon kalt gestellt und die Sonnenbrille aus Bordeaux tut ihren Dienst.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen