Für mich geht es wie erwähnt nicht weiter. Es geht zurück. Nach Hause. Mein verlässlicher Routenplaner schickt mich, anders als auf dem Hinweg, entlang der Ostküste Richtung Barcelona.
Gegen 2Uhr schlafe ich ein paar Stunden. Ich habe keine Ahnung wo. Irgendwo zwischen Sevilla und Alicante.
Was ich weiß ist, dass ich mein Ziel Barcelona auf Grund des um 17Uhr beginnenden Ligaspiels zeitig gebunden erreichen will. Ich liege allerdings so gut in eben jenem Zeitplan, dass ich zwischen ein paar, auf dieser Strecke völlig überteuerten und an jeder verdammten Ecke vorhandenen Mautstellen, einen Mittagsschlaf genießen kann.
Das schöne Barcelona interessiert mich nicht wirklich. Ich war bereits mehrfach dort und will nur ins Camp Nou. Es ist ein besonderes Stück Architektur. Drei bis vier Ränge, oval geformt, keine Laufbahn, daher Sitze direkt am Feld und trotzdem Platz für 100.000 Menschen. Schlicht; beeindruckend. Am Ende fließen doch alle großen, menschlichen Errungenschaften an einem Punkt zusammen, an dem es darum geht eine Sache zusammen zu erleben. Verdammte Herdentiere. Und liebe Kunstliebhaber; Fußballstadien sind bedeutsame, kollektiv prägende Weltkulturerbstücke. Sie sind spannend. Oder nach was drehen sich kleine Kinder auf der Autobahn um? - Nach an der Schnellstraße gelegene Massenschüsseln und McDonalds. Mit beidem können die Amerikaner sehr gut. Aber gut.
Genauso wie mit dem Kapitalismus. Der ist mittlerweile auch in Katalonien angekommen und ich zahle für die billigste Karte 30€. Einen gefühlten Kilometer vom Spielfeld entfernt, sitze ich zwischen unzähligen Touristen wie mir und einiger kräftiger Windböen, die die Geschichte ziemlich ungemütlich werden lassen. Es wird um mich kein spanisch gesprochen und auch nicht über Fußball. Messi, wird unter einem Sturm von handtuchwinkenden Katalanen (eine spanische Geste der Unmutsbekundung. Frank Rijkard wird am Ende des Jahres entlassen) erst in der 80. Minute eingewechselt, Henry hat seine besten Tage hinter sich und die iberische Art Fußball zu „spielen“ (im wahrsten Sinne dieses Wortes), ist nicht die Meine.
Das Spiel hat 20 gute Minuten, als das abstiegsbedrohte Valladolid durch einen Elfmeter, die zwischenzeitliche Führung Barcelonas egalisiert. Ein kleiner Tross mitgereister Gästefans, wird neben meiner Tribüne in einen Hundezwinger gesperrt. Ich schließe mich ihnen an und feiere lautstark das aufbegehren gegen den mehrfachen Champions League-Sieger. Es gibt an diesem Punkt zwei Regeln: 1. Support your local hero. Always. 2. Immer für den Underdog. Ein paar Erasmustudentinnen schauen mich schief an. Das bestärkt. Dann macht Barca das 2:1 und die Geschichte hat kein Happy-End. 4:1. Die Hälfte der Zuschauer geht früher. Bloß nicht im Stau stehen. Auch ich verabschiede mich gedanklich, da mein lokaler Außenseiter dabei ist zum selben Zeitpunkt Werder Bremen einen auszuwischen. Doch Diego(Elfmeter, 70.) gleicht die Führung durch Kirch (15.) noch aus (denkt nicht, dass ich das nachgeschlagen habe).
Dann geht’s ohne große Pause nach Hause. Ein wenig getrieben und etwas kränklich bringe ich es fertig von Spanien bis Köln nahezu durchzufahren. Spritsparend Fahren ist was für Pussys. Kurz hinter Lyon schlafe ich vielleicht eine Stunde. Es reicht. Frankreich nehme ich nicht wahr. Zum ersten mal läuft zwischenzeitlich keine Musik im Auto.
Im verschneiten Köln bin ich viel zu früh und die 8 Stunden, die mir bis zur Autoabgabe noch bleiben fülle ich mit einem Saunabesuch. Jetzt bin ich müde. Gehüllt in mehrere Wolldecken schlafe ich wie das berühmte Baby. Die Reize der letzten Tage verschwimmen vor meinem geistigen Auge zu einem großen bunten Etwas. Schließlich tanke ich voll und bringe das Auto zur Station. Mehr als 6000 Kilometer in 9 Tagen sind es schließlich gewesen. Bei Europcar rollt man mit den Augen. Das bestärkt. Dort wartet schon meine Mutter auf mich und wir fahren nach Hause. Nach Hause. Auf dem Beifahrersitz. Nach Hause.
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